Hallo Herr Reischl, könnten Sie sich bitte in ein paar Sätzen kurz vorstellen:

Ich heiße Richard Reischl und bin 44 Jahre alt. Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder. Außerdem bin ich Elektrotechnikermeister und seit 1996 politisch tätig. Im gleichen Jahr habe ich für den Gemeinderat für die ÖDO kandidiert, 2002 dann für die CSU und seitdem sitze ich im Gemeinderat. Seit 2014 bin ich zusätzlich der erste Bürgermeister der Gemeinde Hebertshausen.

Wo und wann haben Sie persönlich das erste Mal bewusst Demokratie erlebt?

Das war 1996 als mein Bruder für die ÖDP in den Gemeinderat einziehen wollte und es beinahe daran gescheitert wäre, dass nicht genug Kandidaten gefunden werden konnte für die Liste. Und ich damals erkannte, dass man als Jung-Erwachsener nur etwas ändern kann, wenn man selbst anpackt. Und es gab damals viele Ansatzpunkte für Kritik an der Gemeindepolitik

Was motiviert Sie, sich mehr für demokratische Beteiligung einzusetzen?

Meine persönliche Familienvergangenheit und mein Blickwinkel auf die Ereignisse der heutigen Zeit. Ein Schwerpunkt meiner Politik ist es stets, junge Menschen dafür zü begeistern und Sie verstehen zu geben, wie wertvoll das eigentlich ist, es besitzen zu dürfen. Wir haben Gemeinderäte bei uns im Alter von 19 Jahren, 21 Jahren, 24 Jahren, 26 Jahren 30 Jahren und 33 Jahren. Unser Gremium besitzt einen Altersdurchschnitt von 41,4 Jahren.

Was bedeutet für Sie Demokratie? Wie definieren Sie Demokratie?

Unterschiedlicher Meinung zu sein, für seine Überzeugung zu kämpfen, versuchen andere zu überzeugen, sich selbst auch überzeugen lassen, dann einen Weg festlegen und diesen dann gemeinsam gehen. Und der der seinen Weg verlassen hat, diesen Weg mitzutragen und diesen zu verteidigen. Das ist Demokratie. Sehr wichtig ist: Andere Meinung zulassen und respektieren!

Was sind Ihre zentralen Aufgaben als Bürgermeister:in? Welche demokratische Verantwortung ist mit ihrem Amt verbunden?

Zum Wohle der Bevölkerung meine Handlungen auslegen. Als Bürgermeister bin ich ein Schlichter und Mediator im Gemeinderat. Für die Bevölkerung sollte ich eine Person sein, der gewisse menschliche Werte verteidigen sollte, der Bevölkerung bei Fehlentwicklungen auch ins Gewissen spricht, demokratische Werte verteidigt und anwendet. Ein Vorbild zu sein bei der Anwendung von menschlichen Grundeigenschaften. Der Bevölkerung die unangenehmen Themen nahezubringen und zu erklären.

Wie erreichen Sie die Bürger:innen und wie können sie in Zukunft alle Bürger:innen erreichen? Wie beziehen Sie die Bürger:innen in Entscheidungen mit ein?

Sich selbst treu bleiben in seiner Person. Keine Wesensänderung durchzuführen nur aufgrund des Amtes. Stets erreichbar zu sein, egal ob per Email, Telefon oder im privaten Rahmen, unabhängig ob es 23.00 Uhr Sonntags ist, oder an einem Feiertag. Über möglichst viele Kanäle kommunizieren wie Gemeindeblatt, lokale Presse, Soziale Medien, bei Grußworten etc. In vielen Beispielen können wir nachweisen, dass die Bevölkerung aufgefordert wird zur Mitwirkung durch Workshops, Umfragen, Bau von Projekten, Arbeitskreisen, wir haben eine hohe Zahl an Beauftragten, führen eine hohe Anzahl von Bürgerversammlungen durch, auch eine rollende im Bus für Senioren, und haben 4-5 im Jahr Teile der Bevölkerung im Haus zu irgendwelchen Infoveranstaltungen.

Wo sind die Herausforderungen demokratischer Beteiligung / der Partizipation? Gibt es da auch Grenzen und wo liegen diese?

Die Herausforderung ist, das Demokratie immer eine Mehrheitsbasis benötigt. Wo einzelne versuchen Ihre Ziele zu erreichen, obwohl sonst es keiner unterstützt ist Vorsicht geboten. Ideen einzelner müssen aber die Chance besitzen, Groß werden zu können und der Mehrheit gefallen zu können. Eigen- und Einzelinteressen dürfen aber nie über die Interessen der Gemeinschaft gehen. Wo rechtliche Grenzen überschritten werden. Wo mit Haas etc. versucht Sympathie und Unterstützung für seine Vorstellungen zu erhalten.

Wann setzen Sie auf Beteiligung, wann entscheiden Sie lieber allein?

Dabei gibt es Faktoren. Wie viele Menschen beeinflusst meine Entscheidung, von welchen Kostenrahmen sprechen wir? Wie viel Zeit haben wir für die Entscheidung? Beteiligung bedeutet oft auch viel Zeitbedarf.

Was würden Sie anderen Bürgermeister:innen mit auf den Weg geben?

Setzt euch nicht nur für Projekte eurer Gemeinde ein und baut Straßen etc. sondern nutzt die einmalige Chance während euer Bürgermeisterzeit wahrgenommen zu werden als Mensch, der etwas zu sagen hat. Sprecht der Gesellschaft auch ins Gewissen, verteidigt die Kleinen und schützt die Schwachen. Habt einen breiten Rücken, steht für Demokratie ein und lasst euch nicht unterkriegen. Habt vor allem eine eigene Meinung, respektiert aber auch andere Meinungen.

Wie begeistern Sie die Menschen für demokratische Werte?

In dem ich bürgerkritische Themen anspreche und für Grundeigenschaften einstehe. Möglichst keine Angst zu besitzen vor gewissen Themen. Sich nicht verstecken hinter anderen. Zeigen was möglich ist, wenn man zusammen gestaltet und umsetzt. erklären, dass man nur verändern kann, wenn man Demokratie lebt.

Wenn es ein allgemeines Demokratisches Manifest für Kommunen geben würde, welche drei Punkte unbedingt sollten enthalten sein? Was sollte auf keinem Fall drinstehen?

1.  Demokratie muss Grundelement und Grundrecht bleiben.

2.  Akzeptanz und Verständnis für andere Meinungen, sofern sie Rahmenbedingungen nicht verlassen.

3.  Demokratische Entscheidungen sind zu akzeptieren.

Zusammenfassend: Was ist Ihr Statement zur Demokratie und Partizipation?

Nie war Demokratie so angreifbar in den letzten 70 Jahren seit dem Ende des Krieges. Es gibt viele permanente Bekämpfer, die Ihre Chancen wittern. Beteiligung verhindert Unmut und Unzufriedenheit. Einstehen für Werte!