Hallo Frau Steinbauer, könnten Sie sich bitte in ein paar Sätzen kurz vorstellen:
Ich heiße Stefanie Steinbauer und leite seit 2019 die Internationale Jugendbegegnung in Dachau.
Was motiviert Sie, sich für mehr demokratische Beteiligung einzusetzen?
Das Engagement junger Menschen um gesellschaftliche Zustände zum Positiven zu ändern. Zu sehen mit welcher Begeisterung und Mühe im Bereich Erinnerungsarbeit und Anti-Diskriminierung Projekte entstehen, motiviert mich ungemein.
Was bedeutet für Sie Demokratie? Wie definieren Sie Demokratie?
Demokratie bedeutet für mich selbstbestimmt zu leben und dabei den Schutz einer Verfassung vor politischer und gesellschaftlicher Willkür zu genießen.
Warum wurde Ihre Organisation / Einrichtung gegründet? Was möchten Sie bewirken?
Die Internationale Jugendbegegnung Dachau kann bereits auf eine lange Tradition zurückblicken. Seit den 1980er Jahren findet die Begegnung jährlich in Dachau statt, um jungen Menschen weltweit die Möglichkeit zur Auseinandersetzung mit der Geschichte des Nationalsozialismus und dem Holocaust zu ermöglichen. Leitend ist dabei stets der Gedanke des "Nie wieder!". Ein präventiver Ansatz also.
Warum ist Gedenkarbeit wichtig für unsere Demokratie?
Unsere Demokratie ist ein hohes Gut, das uns ein freies Leben und die Möglichkeit zur Mitbestimmung ohne Angst vor Repression ermöglicht. Die europäische Geschichte zeigt uns, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist, Einsatz braucht und auch verteidigt werden muss.
Welche Gefahren sehen Sie, wenn Gedenkarbeit nicht mehr gefördert wird?
Die größte Gefahr sehe ich in der Relativierung von menschenverachtendem und rechtsextremem Gedankengut und Übergriffen. Wenn keine Förderungswürdigkeit für die Erinnerungsarbeit gesehen wird dann ist der Grundstein gelegt für ein rasches Wegbrechen eines wesentlichen Pfeilers antifaschistischer Präventionsarbeit.
Was ist das Wichtigste, Ihrer Einschätzung nach, was die Menschen und Regierungen beachten müssen, damit sich die Geschichte nicht wiederholt?
Investitionen in schulische und außerschulische Bildungsarbeit hinsichtlich des Generationenwechsels der Zeitzeug*innen und aktives Zuhören für die Belange der Jugend. Nur indem mit den jüngsten Generationen zusammen gearbeitet wird, kann es gelingen, dass sich Vergangenes nicht wiederholt.
Was macht Ihnen Sorgen und was macht Ihnen Hoffnung, wenn Sie in die Zukunft blicken? Sind sie da eher optimistisch oder pessimistisch und warum?
Ich bin von Grund auf ein optimistischer Mensch. Damit bringe ich wohl auch immer auch eine Portion Gutgläubigkeit in meine Arbeit ein. Das heißt aber nicht, dass ich nicht sehe was mit dem Erstarken rechtspopulistischer und extremer Strömungen auf dem Spiel steht. Sprache schafft Realität.
Wie begeistern Sie Menschen für demokratische Werte? Wie fördern Sie Partizipation / demokratische Beteiligung?
Die stetige Ausgestaltung und Anpassung von Formaten in unseren Projekten und der enge Austausch mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen ermöglicht eine zeitgemäße und wirkungsvolle Auseinandersetzung mit demokratischen Werten. Manchmal wirkt der Inhalt erst wenn auch das Format eindrucksvoll ist.
Allerdings ist es in peer-to-peer Fromaten nicht allzu schwer Begeisterung zu erzeugen, da ja in diesem Fall junge Menschen anderen jungen Menschen Inhalte vermitteln und dies so auf Augenhöhe passieren kann.
Wenn es ein allgemeines Demokratisches Manifest geben würde, welche drei Punkte sollten unbedingt enthalten sein und was sollte auf keinem Fall drinstehen?
Folgende Punkte müssen in meinen Augen auf jeden Fall enthalten sein:
- Selbstbestimmung ist der Kern jeglichen demokratischen Handelns.
- Eine gute und ernstgemeinte Demokratie verpflichtet sich zum aktiven Schutz von Minderheiten.
- Gleichberechtigung ist ein demokratisches Selbstverständnis, dass weder bei einem bestimmten Alter, noch vor einer bestimmten Geschlechtsidentität eine Ausnahme macht.
Zusammenfassend: Was ist Ihr Statement zur Demokratie und Partizipation?
Gelebte Demokratie ist eine Selbstverpflichtung aller Beteiligten Freiheit zu wahren, Minderheiten aktiv zu schützen und Gleichberechtigung herzustellen. Ein Vertrauensvorschuss von und für Gesellschaft und Politik.