Hallo Herr Brummer, könnten Sie sich bitte in ein paar Sätzen kurz vorstellen:

Mein Name ist Bastian Brummer und ich bin 24 Jahre alt, Redakteur und seit acht Jahren politisch in Weichs engagiert. Ich durfte 2015 den Jugendrat mitgründen, dessen Sprecher ich bis 2019 gewesen bin. Seit Mai 2020 sitze ich für die WBV im Weichser Gemeinderat.

Wo und wann haben Sie persönlich das erste Mal bewusst Demokratie erlebt?

Demokratie ist in meinen Augen ein sehr dehnbarer und weit gefasster Begriff, der sich bei weitem nicht nur in Sitzungen entscheidender Gremien bemerkbar macht. 2013 habe ich mich zusammen mit ein paar Gleichgesinnten in meinem Heimatdorf Aufhausen für den Bau einer Outdoor-Tischtennisplatte eingesetzt. Unter dem Titel "Projekt Aufhausen" wollten wir für die Jugend im Dorf weitere Freizeitangebote nebst Bolzplatz, Schaukel und Rutsche schaffen. Mit einem Video und später über die Presse wollten wir uns als Jugendlichen Gehör im Fokus der Entscheider im Hauptort lagen. Damit rannten wir, anders als gedacht, offene Türen ein und wurden zu einer Gemeinderatssitzung eingeladen. Wir sicherten dem Gremium zu, Spenden für den Bau der Tischtennisplatte zu sammeln, die Gemeinde ging in Vorleistung und die Platte wurde im Jahr darauf errichtet, auch bezuschusst durch einen hohen dreistelligen Spendenbetrag aus dem kleinen Dorf Aufhausen. Bespielt wird die Platte bis heute. So habe ich bemerkt, dass Engagement mehr bringt als Beschwerden.

Was motiviert Sie, sich für mehr demokratische Beteiligung einzusetzen?

Nachdem wir uns das erste Mal engagiert hatten, gründete die Gemeinde Weichs das Jugendforum. Engagierte und motivierte junge Leute wurden zu regelmäßigen Treffen ins Rathaus eingeladen. Ich habe von Anfang an an diesen Treffen teilgenommen. Bei den Gesprächen mit dem damaligen Gemeindejugendpfleger, dem Jugendreferenten und dessen Vorgängerin kristallisierte sich das Interesse der Jugend heraus, ein Jugendparlament zu gründen, um als Sprachrohr der Jugend zu den Entscheidungsgremien noch mehr zu erreichen. 2015, am Tag der partiellen Sonnenfinsternis, konstituierte sich der erste Weichser Jugendrat, dessen Sprecher ich bis 2019 war. Die Tätigkeit im Jugendparlament war zwar über diese vier Jahre immer wieder zeitaufwändig und ich musste des Öfteren Sitzungen fernbleiben - aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen. Auch die Freizeit wurde durch diese Sitzungen eingeschränkt, trotzdem wollte ich nach meinem altersbedingten Ausscheiden (ich war damals 21 Jahre alt) weiter machen, allerdings auf einer anderen politischen Ebene. Im Jugendrat hatte sich ein Grundverständnis von der Arbeit in politischen Gremien eingestellt, auch bei den weiteren Mitgliedern, was mich sehr freute und persönlich bereicherte. Gemeinsam haben wir viel auf die Beine gestellt und die Gemeinde, wenn auch nur im Kleinen, mitgestaltet. Als mich der Bürgermeister damals fragte, ob ich für den Gemeinderat kandidieren wollte, sagte ich zu. Engagement verstand ich zu diesem Zeitpunkt als meine Bürgerpflicht an.

Was bedeutet für Sie Demokratie? Wie definieren Sie Demokratie?

Demokratie ist für mich Streit, unangenehm für Beobachter, aufreibend für die Streitenden, zuletzt aber befriedigend für das größere Ganze. Wer davon ausgeht, dass seine Meinung und sein Weg alternativlos sind, wird es in einer demokratischen Welt nicht leicht haben. Der Kompromiss vor der Entscheidung ist für mich die Essenz demokratischer Arbeit. Respekt vor der Meinung anderer sowie die Fähigkeit, sich durch kluge Argumente von seiner Ansicht abbringen zu lassen, sind Grundvoraussetzungen dafür. Dieses Prinzip funktioniert übrigens nicht nur in demokratischen Gremien, sondern in jedem sozialen Gefüge, der Beziehung, dem Freundeskreis, der Familie.

Was sind Ihre zentralen Aufgaben? Was sind die wichtigsten Aufgaben Ihrer politischen Institution?

Ich bin seit Mai 2020 Mitglied des Weichser Gemeinderats und dessen Jugendreferent. Der Gemeinderat selbst kümmert sich um die Belange der Gemeinde und gestaltet sie, in seinem durch Kreis und Freistaat durchaus beschränkten Wirkungskreis, entscheidend mit. Wenn Solarparks gebaut werden, entscheidet das Gremium, wie groß der sein darf, naturgemäß fallen vielen Entscheidungen bürgernah aus. Immerhin machen in Gemeinden wie Weichs Nachbarn Politik. Meine Zentralen Aufgaben als Jugendreferent sind die enge Zusammenarbeit mit der Gemeindejugendpflegerin in jugendpolitischen Angelegenheiten. Dazu zählt auch die regelmäßige Teilnahme an den Jugendratssitzungen - die derzeit nicht stattfinden. Im Großen und Ganzen fungiert der Jugendreferent in Weichs als Bindeglied zwischen Jugend, Jugendarbeit und Gemeinderat.

Was ist Ihr Ziel? Was bewirkt Ihre Arbeit? Welchen Beitrag leisten Sie für die Demokratie?

Mein Ziel als Kommunalpolitiker ist naturgemäß die Mitgestaltung der Gemeinde, in der ich lebe. Wie lange ich dort leben werde oder was mir selbst nutzt und gefällt, darf in meinen Entscheidungen (ich bin nicht an eine Leit- oder Denkrichtung der Fraktion gebunden) keine Rolle spielen. Meist unterhalte ich mich mit Nachbarn, oft in meinem Alter, über anstehende Themen oder bringe Jugendthemen mit ins Gremium ein. Mein persönliches Ziel ist es, dadurch für mehr Engagement innerhalb der Jugend zu werben und Politikverdrossenheit à la "Ich kann doch eh nichts bewirken" vorzubeugen. Den Beitrag für die Demokratie und die Verteidigung ihrer Grundordnung, wenn man es so hoch hängen möchte, leiste ich durch Gespräche, durch Streit, durch Diskussionen, im Freundes- und Bekanntenkreis wie in der Familie.

Welche demokratische Verantwortung ist mit Ihrem Amt verbunden?

Als Mandatsträger im Gemeinderat stehe ich in gewissem Maße immer in der Öffentlichkeit, wenn auch wesentlich weniger als ein Bürgermeister, Landrat oder gar Minister. Meine Verantwortung sehe ich unter anderem in der Verteidigung demokratischer Werte, die ich auch aufgrund meines Mandats nach außen hin vertrete - ich beharre selten auf einem Standpunkt und diskutiere mit vielen Leuten über aktuelle Themen in der Gemeinde, versuche sie als Mitbürger mit einzubeziehen und mich vor allem als Mandatsträger nicht über die Bürger zu stellen, Dinge zu verschweigen, sondern transparent, offen und kommunikativ aufzutreten.

Wie wird in Ihrer politischen Institution Demokratie intern gelebt? Wie ist Ihre politische Institution demokratisch organisiert?

Der Gemeinderat wird direkt von den Bürgern der Gemeinde gewählt, das sorgt naturgemäß für unterschiedlichste Meinungen innerhalb des Gremiums. Und das ist gut so. Was das Gremium tut und welche Entscheidungen es trifft, ist meist nicht mit einem Handzeichen beschlossen. Im Gemeinderat wird engagiert diskutiert, ja, gestritten, in den meisten Fällen überaus respektvoll. Öfter werden Punkte vertagt, weil die Mitglieder sich Zeit für die Belange der Gemeinde nehmen wollen. Zuletzt sind es oft Kompromisse, die der endgültigen Entscheidung zu Grunde liegen.

Wie begeistern Sie Menschen für demokratische Werte? Wie fördern Sie Partizipation?

Ob ich es tue, kann ich nicht beurteilen, nachdem mein demokratisches Wirken nicht auf jahrzehntelanger Erfahrung fußt. Ich versuche allerdings permanent, vor allem Leute, die sich bei mir als Mandatsträger über "die Gemeinde" beschweren, aufzuzeigen, wie unsere Institution arbeitet, wer überhaupt zuständig für diese und jene Aufgabe ist - Kreis, Kommune, Freistaat oder Bund. Zudem bitte ich bei Beschwerden stets um Verbesserungsvorschläge und versuche auch, Leute, die sich offensichtlich für gewisse Themen in ihrer Gemeinde interessieren, für Partizipation zu begeistern, lade sie zu Sitzungen ein oder frage sie, ob sie sich etwa die Schaffung eines eigenen Vereins etc. vorstellen könnten, um Angebote, die sie vermissen, selbst mitgestalten zu können.

Wenn es ein allgemeines Demokratisches Manifest geben würde, welche drei Punkte sollten unbedingt enthalten sein und was sollte auf keinem Fall drinstehen?

In einem demokratischen Manifest sollte meines Erachtens der Streit eine zentrale Rolle spielen - der Streit, in dessen Verlauf durchaus extreme Meinungen, insofern sie sich nicht gegen Verfassungsgrundlagen wenden, ihren Platz haben dürfen und der mit einem Kompromiss, einer Einigung endet und vor allem respektvoll ausgetragen wird. Neben dem Streit sollte also die Punkte Respekt und Kompromiss enthalten sein.

Auf keinen Fall sollte, selbst wenn im Bezug auf die Demokratie immer wieder von der Unterdrückung minderheitlicher Meinungen gesprochen wird, von der Macht der Mehrheit die Rede sein. Das diskreditiert die berechtigten Meinungen anderer, die etwa in Oppositionsparteien einen maßgeblichen Beitrag zur freien demokratischen Grundordnung leistet.

Zusammenfassend: Was ist Ihr Statement zur Demokratie und Partizipation?

Partizipation ist der Kern gelebter Demokratie. Wer nur jammert und nichts tut, wird seine und die Lebensgrundlage seiner Mitmenschen nicht verändern - und damit folglich nicht verbessern.