Hallo Herr Ebert, könnten Sie sich bitte in ein paar Sätzen kurz vorstellen:

Ich heiße Detlev Ebert und bin ein 74-jähriger Mann, bin in Pension als Beamter. Außerdem bin ich tätig im Sozialreferat der Stadt München, verheiratet und habe 2 Kinder, 3 Enkel. Selber bin ich 15 mal umgezogen und noch ehrenamtlich aktiv. Zudem bin ich Yogalehrer sowie jährlicher Pilger.

Wo und wann haben Sie persönlich das erste Mal bewusst Demokratie erlebt?

Mir sind das Procedere z.B. zur Klassensprecherwahl in Erinnerung - also Kanditatenaufstellung und Wahl.

Was motiviert Sie, sich für mehr demokratische Beteiligung einzusetzen?

Ich mag das positive Werben für ein wichtiges Thema anstelle von " Auseinander"-Setzung. Der Versuch, einen Konsens zu finden bedingt ein grundsätzliches Interesse am Standpunkt der Anderen -um die Perspektive evtl.. verstehen zu "lernen" - heißt aber nicht automatisch annehmen. Ich habe gelernt, dass jede Entscheidung bedeuten kann, meinem Gegenüber etwas wegzunehmen, ihm evtl.. das Gefühl von nicht wichtig sein zu vermitteln. Und ein evtl.. durch Gespräche vermeidbarer Widerstand vergeudet nicht die Energie der Beteiligten.

Was bedeutet für Sie Demokratie? Wie definieren Sie Demokratie?

Klassisch eine vorhandene klare Gewaltenteilung - wie es in Deutschland ziemlich gut praktiziert wird.
Parteien, Institutionen wie Parlamente bis hin zu den Gemeinderäten bemühen  sich aktiv und transparent die Willensbildung zu fördern und zu unterstützen - und auszuhalten, dass trotzdem von den BürgerInnen willensstark eine andere Sichtweise gefordert wird (z.B. mit der Wahlmöglichkeit). Demokratie ist im Verhältnis zu anderen Staatsformen aus meiner Sicht die anstrengendste, da unser inneres Gefühl, nicht immer mit Dingen belastet zu werden, die im privaten Alltag scheinbar gerade nicht gefragt sind, dann am liebsten die kritische Wahrnehmung der aktuellen Gemeinwohlprobleme abschalten möchte...

Wie wichtig ist eine intakte Umwelt für die Demokratie?

Die Umwelt, wenn sie nicht einfach so gut funktioniert, ist auch im privaten Bereich schnell spürbar - und oftmals Angst machend. Die Umwelt ist so gewaltig (Klima, Kriege, Pandemie, Infrastrukturen), dass der Einzelne sich vielleicht zu schnell ins private scheinbar noch  sichere Umfeld zurückzieht - und ohne Austausch mit kritischen Fragestellungen (Bienenthema, Insekten allgemein, Geldwirtschaft, Umweltfragen) zu spät eigene Mitwirkungsmöglichkeiten oder gar -plichten (wählen) wahrnimmt.

Wissenschaftler:innen sind sich einig, wir müssen mehr für den Klimaschutz tun, um unser natürliche Lebensgrundlage zu erhalten. Kann eine demokratische Entscheidung für weniger Klimaschutz legitim und akzeptierbar sein?

Ich kenne für mich eine ähnliche Thematik (als Kind erlebt - und auch als Elternteil): Junge Menschen werden oft mit der Einigkeit von Erziehungberechtigten konfrontiert, die alle Argumente logisch vorbringen, was dem Kind dringend beizubringen sei (Schultyp, Ausbildungsperspektiven, Berufentscheidungen...Ich lernte die demokratische Form der Familienkonferenz, des Familienrates kennen, indem Vereinbarungen im gegenseitigen Verständnis  für die nicht als optimal angedachte Entscheidung zeitlich aktzepiert wurden. Weniger kann aus meiner Sicht tatsächlich akzeptierbar (und dies ist immer legitim) sein, wenn die aktuellen Betroffenheiten der Menschen bezüglich der Auswirkungen auf sein Einkommen, seine Zukunft mit seinen Wünschen noch völlig im Dunkel liegen. Und nachdem das Thema Klimaschutz ein globales Thema ist und ich im Fernsehen mitbekomme, dass ich mit meinen "ach" so kleinen Möglichkeiten doch nicht wirklich was bewegen kann - wird es weiterhin schwer sein, mit einer demokratischen Entscheidung darüber hinweg zu gehen - statt zu werben! Die Wahlen sind hier manchmal die Schwachstelle der Demokratie - wer gewinnt, kann legitim für weniger Klimaschutz entscheiden!?

Was muss getan werden, um die Bedürfnisse aller Menschen mit Umwelt- und Klimaschutz unter einen Hut zu bringen?

So einen großen Hut werden wir so vielfältig denkenden und fühlenden Menschen nicht finden. Evt. hilft noch mehr die Idee, die letztlich erlebten Umweltirritationen der Menschen auf privater Ebene geschickt und aufklärerisch mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen anzureichen, eine nachfühlbare Verbindung zum Thema herzustellen - und zu hoffen.... Die junge Generation hat für sich diese Verbindung hergestellt und "demo"nstriert im demokratischen Verständnis mit Nachdruck für ihre zukünftige Welt, die offenbar gerade demontiert wird.

Was macht Ihnen Sorgen und was macht Ihnen Hoffnung, wenn Sie in die Zukunft blicken? Sind sie eher optimistisch oder pessimistisch?

Ich stelle für mich im jetzt höheren Alter fest, dass es immer Wahrheiten gab, die sich nur langsam durchsetzen konnten. In der Sozialplanung habe ich lernen können, dass es bis in die übernächste Generation dauern kann, bis die vorausgesagten Szenarien anerkannt wurden und als Basis für die "gute" Lösung hergenommen wurden - dabei weiß man, dass in der besten Lösung ein nicht vorhersehbares Problem mitgestaltet wird - für die nächste kluge Generation. Ich bin viel Dunkelheit begegnet (bei Dienstantritt als Beamtenanwärter hörte ich noch den Originalton des dritten Reiches aus dem Mund von Kollegen - ich hab es damals noch nicht einordnen können, in der Schule war das noch ein verschämtes Thema - außer im Religionsunterricht. Ich bin eher optimistisch, trotz meiner Kindheit. Wie sagt jemand: hast du deine Kindheit überlebt, kann es nur besser werden ...

Was können Sie anderen (jungen) Menschen, die sich für die Demokratie engagieren möchten mit auf den Weg geben?

Engagiert sein bedeutet nicht, im Recht zu sein oder es zu haben. Die parteilich geprägte ältere Generationen sind von sich nicht selten auch immer noch überzeugt, mit ihrem damals zeitgemäßen Engagement das einzig richtig gedacht zu haben. Hier bedeutet ein sich auch empathisch geprägtes Verhalten bei Diskussionen und Auseinandersetzungen zwischen den Generationen  sehr viel. Und eigene Demokratie im privaten Umfeld erprobt zu haben, gibt mir als junger Mensch die Berechtigung, konkret darüber zu sprechen und beim Gegenüber für diese Erfahrungen zu werben, es miteinander in dieser demokratischen Art und Weise zu versuchen.

Wie begeistern Sie Menschen für demokratische Werte? Wie fördern Sie Umweltschutz?

Ich denke, dass ich immer für demokratische Werte geworben habe, versucht habe, es nachfühlbar erleben zu können, wie sich diese anfühlen (Jahrlange Selbsterfahrungsangebote mit jugendlichen Gruppen (beide Geschlechter), die sich freiwillig für diese Wochenendseminare anmelden und dort derartige Erfahrungen (wie bin ich, was will ich, wie fühl ich, wie verstehe ich wirklich den anderen, wie gehe ich mit Kritik um usw.) machen konnten. Heute noch bekomme ich positive Rückmeldungen und freue mich über Jahrzehnte fortgesetzte Kontakte mit den damaligen TeilnehmerInnen. Wir sprechen bei Treffen immer wieder um die Bewertung der erlebten Erfahrungen.
Umweltschutz fördere ich im realistischen Rahmen meiner persönlichen Mitsprachemöglichkeiten - zum Beispiel im Dreifamilienhaus, dass sich bewusst für Energieeinsparungen (Vollsanierung mit Wärmedämmung, Solar) bemüht, einen dritten Preis für einen vielfältigen Garten bekommen hat..., dass einzige Auto mit nutzen lässt, viel Fahrradfahren praktiziert (mit Anhänger) und Regentonnen nutzt - und teilweise kompostiert.

Wenn es ein allgemeines Demokratisches Manifest geben würde, welche drei Punkte sollten unbedingt enthalten sein und was sollte auf keinem Fall drinstehen?

Es wird kein allgemeines Demokratisches Manifest geben können, wir sind ständig im Prozess mit uns selbst, im Verständnis der Geschehnisse, die mich treffen - und letztlich, ehrlich gesagt, hängt eine jede Umsetzung der besten Manifeste (siehe die Geschichte) von Menschen ab, die an die Spitze gekommen sind - und wenn es demokratisch geschah (ich denke an Amerika). Ich habe bereits vieles in den vorherigen Punkten angesprochen, die wichtig sind - letztlich die kritische Haltung des Einzelnen zu sich selbst - und daraus fähig zu werden, sich mit all den wichtigen Fragen einer funktionierenden Demokratie zu beschäftigen und verantwortlich aufzustehen, und für eine seiner Überzeugung nach notwendigen Betrachtung der Dinge einzutreten.

Zusammenfassend: Was ist Ihr Statement zur Demokratie und Partizipation?

Ich finde eine Demokratie so wertvoll, dass es sich lohnt, dafür engagiert einzutreten, mit Empathie und Toleranz - aber auch im Falle eines Falles mit viel Zivilcourage dafür gerade zu stehen.