Hallo Frau Kappaun, Frau Braun und Herr Schneider, könnten Sie sich bitte in ein paar Sätzen kurz vorstellen:

Unsere Namen sind Wiebke Kappaun, Kauffrau und Dipl. Betriebswirtin, Geschäftsführerin und Vorstand, Marina Braun, Erzieherin und Dipl. Sozialpädagogin, Geschäftsführerin und Vorstand und Sören Schneider, Jurist sowie Vorsitzender des Präsidiums des AWO Kreisverbandes Dachau.

Wo und wann haben Sie persönlich das erste Mal bewusst Demokratie erlebt?

Bereits im Elternhaus, von "Kindesbeinen" an: Diskussionen über demokratische Prozesse in der Welt gab es immer wieder.

Was motiviert Sie, sich für mehr demokratische Beteiligung einzusetzen?

In einem demokratischen Konsens verbirgt sich für uns die Möglichkeit der individuellen Beteiligung mit dem Ziel einer optimalen Lösung für die Mehrheit und die Sache. Die gemeinsame Arbeit an Zielen, auf die sich alle verständigt haben, gibt uns auch und gerade in der AWO ein gutes Gefühl.

Was bedeutet für Sie Demokratie? Wie definieren Sie Demokratie?

Demokratie bedeutet für uns ein Verständnis über eine demokratische Form der Regierung.
Unter Demokratie verstehen wir nicht ausschließlich als eine Übereinkunft oder Entscheidungsfindung über eine Mehrheit, sondern ergänzend im Prozess auch die Berücksichtigung des Individuums und seiner Rechte. Die "Minderheit von heute" hat stets die Chance, die "Mehrheit von morgen" zu werden - solange sie selbst demokratisch bleibt.

Welche Wege nutzen Sie, transparent gegenüber Ihren Mitarbeiter:innen zu sein?

Für die Transparenz in unserem Unternehmen nutzen wir verschiedene Kanäle. Sehr häufig ist es ein persönliches Gespräch, aber auch Informationsschreiben, Veröffentlichungen auf der Homepage, Veranstaltungen und interne Schulungen.

Wie und bei welchen Themen können sich Ihre Mitarbeiter:innen einbringen?

Unsere Mitarbeiterinnen können sich im Rahmen von Mitarbeiterinnenbefragungen einbringen, ebenso auch in Gremien und Arbeitsgruppen. In ihrem Fachbereich können die Mitarbeiter*innen innerhalb von Teambesprechungen, Projekten und Veranstaltungen ihre Ideen und Sichtweisen einbringen und Entscheidungen herbeiführen. Wir haben mit dem Ziel der Qualitätssteigerung ein Beschwerdemanagement aufgebaut.

Wie werden bei Ihnen Entscheidungen getroffen? Wann entscheiden Sie in der Geschäftsleitung lieber allein?

Wir sind in einem Präsidiumsmodell organisiert, welches neben hauptamtlicher Geschäftsführung und Vorstand ehrenamtliche Präsidiumsmitglieder vorsieht. Das Präsidium ist eine Art Aufsichtsrat und befindet über den größeren strategischen Rahmen. In der Geschäftsführung setzen wir auf ein Zweier- und im Vorstand auf ein Dreierteam mit multiprofessionellen Kompetenzen. Das Präsidium besteht aus 5 Personen. Die wichtigen Entscheidungen werden immer im Team gefällt. Grundsätzlich beziehen wir auch unsere obere und untere Führungsebene in die meisten Entscheidungen mit ein, da die praktischen Erfahrungen und Möglichkeiten in den Einrichtungen eine entscheidende Komponente darstellen.
Im Bedarf eines Kompromisses oder final in Entscheidungsprozessen entscheidet die Geschäftsführung nach Rücksprache im Führungsteam.

Wie schaut die Partizipation / Beteiligung bei Ihren Kund:innen aus?

Unsere Klientinnen haben die Möglichkeit, innerhalb einer regelmäßigen Befragung in den einzelnen Geschäftsfeldern eine Bewertung abzugeben und ihre Wünsche zu äußern. Im Bereich der Kindertageseinrichtungen gibt es einen Elternbeirat, der die Vorschläge und Anliegen der Eltern vertritt. Die Kinder können Ihre Meinung und ihre Ideen im Rahmen von regelmäßig stattfindenden Kinderbefragungen oder Kinderkonferenzen einbringen. Alle Beschwerden von Klientinnen werden nach einem verbandsinternen Beschwerdemanagement bearbeitet. Positiv einbringen können sich auch alle möglichen Bürger*innen, insbesondere Ehrenamtliche, einerseits in unseren Ortsvereinen, andererseits aber auch im Team mit Hauptamtlichen, wie etwa im AWO-Mehrgenerationenhaus oder im AWO-Frauenhaus.

Welchen Effekt hat partizipative Entscheidungsfindung auf Ihr Unternehmen?

Durch eine regelmäßige Einbindung und Befragung von Mitarbeiterinnen und Klientinnen können wir sehr gut die Bedürfnisse unserer Mitarbeiterinnen und Klientinnen wahrnehmen. Mit diesem Wissen stoßen wir Prozessoptimierungen (z.B. in Verwaltung, Projekten, Unterlagen und Abläufen) an und passen unser Angebot so gut es geht an die Bedürfnisse unserer Klientinnen an. Die Bedürfnisse unserer Klientinnen geben uns zusätzlich einen Ausblick auf zukünftige Bedarfe und Herausforderungen und damit Ideen zur Unternehmenssteuerung.

Was können Sie anderen Unternehmer:innen empfehlen, die einen partizipativen Weg einschlagen möchten?

Verlässliche und regelmäßige Strukturen für ein demokratischen Mitwirken schaffen (z.B. regelmäßige Befragungen, Gremien, Kitas die sich eine eigene Verfassung geben und diese auch leben, etc.)

Wie begeistern Sie Menschen für demokratische Werte? Wie fördern Sie Partizipation?

Wir beginnen bereits bei den Kleinsten im Bereich der Krippe und vermitteln den Kindern ihre Möglichkeiten der Beteiligung und zeigen ganz praktisch den Weg von der Entscheidung zum Ergebnis auf - "Beteiligungsprojekte" sind hierbei sehr beliebt. Wir geben den Kindern eine Stimme und verlässliche Strukturen der Kommunikation. Das setzt sich in unseren übrigen Geschäftsbereichen soweit es der Berufsalltag zulässt fort.

Wenn es ein allgemeines Demokratisches Manifest geben würde, welche drei Punkte sollten unbedingt enthalten sein und was sollte auf keinem Fall drinstehen?

Drinstehen sollte: Fairness, Respekt und Schutz

Auf keinen Fall enthalten sein sollte: Über-/Unterordnung

Zusammenfassend: Was ist Ihr Statement zur Demokratie und Partizipation?

Partizipation ist nicht aufwändig und Demokratie eine Verantwortung. Wir brauchen Mut zur Partizipation und Verantwortung für die Demokratie. Demokratie und Partizipation bedingen einander, beide leben von der Empathie.